Es ist schon toll: Man muss nur das Wort Penis erwähnen und schon lacht der ganze Saal. Lachen ist eigentlich das falsche Wort: Die Zuschauer der Lesung "Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern" am Samstag Abend im Audimax der LMU jaulten, quiekten, schrieen, johlten.
Und das obwohl die Moderatorin Charlotte Roche und der Schriftsteller Heinz Strunk nichts anderes taten, als eine medizinische Doktorarbeit aus dem Jahr 1978 vorzulesen.
Detailliert werden darin ein Dutzend Fälle geschildert, wie Männer im Alter von 31 bis 73 Jahren bei dem Versuch, mit einem Staubsauger der Marke Kobold zu masturbieren, sich ihr bestes Stück in der Turbine kaputtmachten. Statt einem "Aua" entfuhr den meisten Zuschauern jedesmal aufs Neue ein "Hahaha".
Die Zuschauer lachten sich schlapp, als die Ausreden vorgetragen wurden, die die Patienten im Krankenhaus erfanden, um nicht zuzugeben zu müssen, ihr Glied absichtlich in den Sauger gesteckt zu haben.
Die Zuschauer lachten über die Prüderie der Patienten, obwohl sie eigentlich ihre vermeintliche Lockerheit im Umgang mit Sexualität ad absurdum führten, indem sie die Doktorarbeit überhaupt komisch finden. Die Gesellschaft aus dem Jahr 2006 hat sich seit dem Jahr 1978 bezüglich des Umgangs mit der Sexualität offensichtlich kaum geändert.
Nach 32 Seiten bzw. 60 Minuten war die Lesung vorbei. Wie sie darauf gekommen sei, die Doktorarbeit öffentlich vorzulesen, will ein Zuschauer von Charlotte Roche wissen. Gemeinsam mit ihrem Freund habe sie an einem feucht-fröhlichen Abend Passagen für ihre englischen Verwandten übersetzt, erzählt Charlotte Roche dem Publikum. "Und die haben ungefähr so reagiert wie ihr."
Münchens Studenten sind also in etwa so wie besoffene Briten. Man kann auch einen Doktortitel erlangen, wenn man eine 32-seitige Arbeit abgibt. Lustig ist wohl etwas anderes. Das waren die Lektionen des Abends.