Lou Reed in der Philharmonie

München, nicht Berlin

Sanft und hart: Lou Reed führt in der Philharmonie eindrucksvoll sein düsteres Konzeptalbum "Berlin" auf.
Lou Reed in der Philharmonie
Leider kein gutes Bild: Lou Reed in der Philharmonie

Ein Konzert von Lou Reed bei Sonne ist in etwa so wie ein Auftritt der Metal-Band Slayer in rosa Tüllröckchen. Und so war es folgerichtig, dass sich am Donnerstag vor Beginn des Konzertes in der Münchner Philharmonie die heißen Temperaturen abkühlten und sich die fast irreale Hitze in Regenschauern entlud.

Lou Reed ist derzeit auf Europa-Tournee, um "Berlin" aufzuführen, das vielleicht düsterste Album der Rockgeschichte. Das vor 35 Jahren erschienene Werk handelt von einer drogenabhängigen Mutter, die von ihrem Freund geschlagen wird und sich schließlich das Leben nimmt.

Jeder Schritt fällt dem inzwischen 66-jährigen Lou Reed schwer, er bewegt sich kaum. Helfer müssen ihm die Gitarre umhängen. Die Falten in seinem Gesicht zeugen von seinem Leben voller harter Drogen, die er auch mit seiner neuen Sucht Tai-Chi nicht wegretuschieren kann.

Lou Reed zupft sanft an der Gitarre, seine Stimme ist zart. Sekunden später erhebt sie sich aufgebracht. Als Lou Reed noch bei der legendären Band "Velvet Underground" spielte, simulierte er auf der Bühne gerne das Setzen einer Heroinspritze. In der Philharmonie singt dagegen ein Kinderchor in weißen Umhängen mit. Dazu spielen Streicher und Bläser. In der Mitte steht Lou Reed in einem rotem T-Shirt - rot wie die Liebe und das Blut. Seine dunkle, monotone Stimme dringt durch den Saal. Die gute Akustik in der Philharmonie trägt die Stimmung wunderbar bis in die hintersten Reihen.

Am Ende des fast zweistündigen Konzertes in der Philharmonie erheben sich die Zuschauer zu Standing Ovations. Der Bassist nimmt Lou Reed in den Arm, als wolle er ihn auffangen und zurückreißen in die reale, weniger traurige Welt.

Kommentare

Chris am Mo., 07.07.2008 - 13:40

Es ist durchaus üblich und normal, daß Künstler ihre Instrumente auf der Bühne von Helfern gereicht oder umgehängt bekommen, z.B. von Gitarrentechnikern, die das Instrument gerade gestimmt haben. Tiefe Falten habe ich auch schon bei älteren Menschen gesehen, die nichts mit harten Drogen am Hut hatten... im Gegenteil die Drogenkonsumenten sehen oft unverschämt gut aus, für ihr Alter.