Christian Ude auf Facebook

Nach dem Hungerstreik ins Festzelt

"Da das Münchner Hungerstreikdrama beendet werden konnte, komme ich heute Abend nun doch ins Festzelt in Rothenburg ob der Tauber": Christian Udes Facebook-Post lässt einen kopfschüttelnd, fast fassungslos zurück.

Der Hungerstreik am Rindermarkt wurde am Sonntagmorgen beendet. Die Polizei räumte das Camp, die Flüchtlinge wurden notversorgt, drei sollen bereits im Koma gelegen sein. Man kann diese Aktion kritisieren, man kann sie aber auch gutheißen: Denn so wurden wohl in letzter Minute Menschenleben gerettet.

Der Münchner OB und Ministerpräsidentenkandidat Christian Ude hat sich allerdings ein paar Stunden nach der Räumung derart ungeschickt auf Facebook geäußert, dass man diese beiden Sätze nur eines kann: kritisieren.

"Da das Münchner Hungerstreikdrama beendet werden konnte, komme ich heute Abend nun doch ins Festzelt in Rothenburg ob der Tauber. Ich freue mich darauf, Euch heute Abend zu treffen."

Kommentare

Joe am Mo., 01.07.2013 - 01:53

Ay wo is denn des "ungeschickt"? Nur weil ein paar Asylbewerber zu einer Aktion greifen die sie alle gefähret. Hallo?
Vielleicht ist die Ausländerpolitik mist, aber deswegen lassen die sich net erpressen - man man man!
Warum sollte der Ude nicht?

Max Reiser am Mo., 01.07.2013 - 15:57

Sie können es noch nicht wissen, Hr. Ude. Aber Sie haben während ihrer überzeugten Auftritte in der vergangenen Woche und dem Hemmschuh, der dabei ihre Menschlichkeit wegklemmte, die Landtagswahlen verloren. Das ist tragisch, denn die CSU ist keine Alternative. Sie haben also der Alternativlosigkeit des Wähler erneut einen Vorsprung verpaßt ...

Max Reiser am Mo., 01.07.2013 - 16:41

@Chris : Nichts leichter als das. Aber gegen taube Herzen ist kein Kraut gewachsen.Dieser Illusion gebe ich mich schonmal nicht hin. Jedem dürfte klar gewesen sein, daß die Forderungen nicht umgesetzt werden konnten, die der Sprecher der Hungerstreikenden formuliert hat. So wenig wie ich dich oder OB Ude zwingen will das Richtige zu tun. Aber so wenig können auch Hungerstreikende dazu gezwungen werden, Ruhe in ein Feld voller Mißstände einkehren zu lassen, das neu aufgeräumt werden muß. Es ist unmöglich, unerfüllbare Forderungen in den Raum zu stellen, an denen zuletzt Menschenleben hängen. Dieser Vorwurf richtet sich jedoch 1:1 an die üblichen Vorgehensprozesse, die der praktizierten Durchführung bei der Prüfung jedes Asylantrags zugrundeliegen.
Die Bearbeitungsbeamten, die zur Prüfung eines Antrags Verhör ähnliche Situationen in ihren Amtsstuben kreieren, in welchen der Antragsteller ein Bild vom Krisen – bzw Fluchtgebiet erstellen soll, aus dem er kommt, haben oft zudem keine Ahnung von der Historie der Länder über die verhandelt wird. Und dazu steht der Ausgang des Verfahrens ja zahlenmäßig und ergebnisorientiert schon fest. Im Augenblick deckt sich die Anzahl der Asylverfahren mit positivem Zuspruch auf Asylrecht, mit 1,3% aller Antragstellungen. Mit dieser Aussicht würde ich auch vom Dachsims springen. Es wäre ehrlicher die positiven Bescheide innerhalb einer großen, bunten Glückslose-Lotterie zu ziehen. Regierungsbeamte tun trotzdem so, als ob der Ausgang des Verfahrens offen wäre. In Wahrheit ist das ein abgekartetes Spiel mit wenig Aussicht auf Erfolg des Einzelnen Asylbewerbers, für den es dabei um Leben in Sicherheit oder um Tod durch Ablehnung des Asylantrags u. Abschiebung geht. Von ihnen wird allen Ernstes gefordert lebendige Beweise für ihre früheren, geraubten Leben zu erbringen, oder schriftliche Beweise dafür, unter welchen Umständen sie unter Lebensgefahr aus ihrem von Kriegswirren heimgesuchten Ländern am Ende der Welt geflohen sind. Es ist menschenverachtend hier Unmögliches zu fordern. Flucht u. Vertreibung ereignet sich in Gebieten dieser Erde, die im Chaos versinken. Die Menschen die dort zur Sicherung ihres Überlebens fliehen, werden von den Militärs oftmals sogar um ihren Paß beraubt oder bedroht. Wir Deutschen haben seinerzeit, als Menschen aus dem Osten Deutschlands vor den heranrückenden russischen Truppen geflohen sind Ähnliches erlebt. Nur aufgrund von zahllosen Augenzeugenberichte war es überhaupt möglich das Ereignis historisch annähernd richtig einzuordnen. Eine entsprechende spezifische Werksammlung, die über jedes dieser unzähligen Unruhegebiete, verteilt auf diverse Länder in verschiedenen Kontinenten dieser Welt, aussagekräftige Fakten herausgibt, existiert demnach nicht. Die Härte entsteht also vielmehr hinter den langen Hebeln eines Beamtenapparates, der sich hinter seinen Kopier u. Zermürbungsmaschinen wegduckt. Die jetzt erwiderte Härte der Wahllosen erklärt sich im Unterschied zur Politik durch den Kampf von Asylbewerbern um ihr bloßes Überleben, das weder hier, noch dort, noch nirgendwo derzeit mit Würde in Vereinbarung gebracht, noch sichergestellt werden kann. Verständnislosigkeit trifft somit auf den verlorenen Kampf von Todgeweihten auf ihren verlorenen Posten. Und offenbar keiner vermag es, ihre Lage anschaulich zu übersetzen. Mehr als Ignoranz und Unkenntnis darüber, was sich im Leben dieser Menschen abgespielt hat, haben wir nicht zum Gegenhalten.
Die Handhabung des bayerischen Asylrechts, als deutschlandweit härtestes, muß sich für die Verletzung von Menschen mit Rechten, Artikel 16a des Grundgesetzes, wohl oder übel auf den Prüfstand stellen lassen. Asylpolitik ist darauf ausgelegt den Zustrom zu stoppen, und die genaue Zahl der letztendlich positiven Bescheide von Asylantragstellungen zu begrenzen. Die durchschnittlich 8 Monate Bearbeitungszeit, die von Antragstellung bis zur Ausgabe des Bescheides vergehen sind eine Farce.
Es geht darum, die ehrliche Verzweiflung von Menschen für einen Augenblick ernst zu nehmen, und dann wieder loszudenken. Diese Menschen haben entschieden bis an die Grenze zu gehen, und wir schauen zu bis genug Zeit verstrichen ist, um sicherzustellen und herauszufiltern, wie ernst es ihnen wirklich ist.

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