Gestern Abend waren mit Kathrin Passig und Sascha Lobo zwei prominente Zahnräder der Berliner Riesenmaschine im Münchner Literaturhaus zu Gast. Es folgt ein kurzer Abriss der überaus lehrreichen Veranstaltung - ohne Anspruch auf chronologische Richtig- und Vollständigkeit.
Die leicht angeschlagen wirkenden Passig und Lobo lasen abwechselnd Texte verschiedener Längen- und Lustigkeitsgrade aus dem Archiv der Riesenmaschine vor, gaben Tipps zum Zeitsparen ebenso wie zum Zeitvergeuden, verteilten binäre Sudoku-Rätsel, die sogar ich lösen konnte und nahmen ab und zu einen Schluck aus ihren Biergläsern.
Für dramatische Momente sorgten Live-Schaltungen ins (wegen Zeitverschiebung) taghelle Berlin, wo Krisenreporter Holm Friebe sein Leben für eine außergewöhnliche Reportage aufs Spiel setzte, deren Brisanz den durchschnittlichen Spiegel-TV-Redakteur vor Neid erblassen lassen dürfte.
Unerschrocken berichtete Friebe vom "Großbelastungskörper" (Foto: Wikipedia) in Berlin-Tempelhof, der als einer der letzten Überreste der von den Nationalsozialisten geplanten "Welthauptstadt Germania" wegen seiner Nähe zu Wohngebieten nach dem Krieg nicht gesprengt werden konnte, seit 1995 unter Denkmalschutz steht und vermutlich im Laufe der nächsten 12.000 Jahre aufgrund seines enormen Gewichts im märkischen Sand versinken wird.
Pflichtgemäß wurde von Lobo auch ein Text über Nagetiere verlesen, bevor die Veranstaltung in einer Versteigerung toller (500 Ein-Cent-Briefmarken), mittlerer (Passigs und Lobos jüngste Publikationen) und eher vielleicht nicht ganz so toller Dinge (der Diddlmaus-bedruckte Ladenhüter aus dem Riesenmaschine-T-Shirt-Shop) ihren Abschluss fand.
Auf dem Nachhauseweg setzte sich das Berlin-Feeling dieses Abends in geradezu unerhörter Weise fort. Denn ausgerechnet in Don Alphonsos geliebter Maxvorstadt traf ich auf dieses Exemplar einer lieblos ausrangierten Matratzenleiche, die sich noch mit letzter Kraft auf den Gehsteig zu retten versuchte.
Wohin soll das führen? Halten nun Berliner Sitten der Matratzenentsorgung Einzug ins ehemalige Isarathen? Falls es sich aber um eine neue Gastfreundlichkeitskampagne der Stadt München handeln sollte, so muss doch kritisch angemerkt werden: In der Hauptstadt sind die mobilen Nachtlager wenigstens überzogen.