Schwarze Schmerzen, buntes Bayern

Die 43-Prozent-Partei

Ein schwarzer Tag für die Schwarzen, ein bunter Tag für die Demokratie: "Näher am Menschen" heißt die Devise der CSU. In Bayern sahen das viele Wähler gestern anders. Doch ans Verlieren ist man in CSU-Kreisen nicht gewohnt.

Waren das eigentlich erwachsene Menschen, die da vor den Mikrofonen und Kameras in den öffentlich-rechtlichen Wahlstudios hin- und herhuschten? Wie zwei verstörte Kinder, denen man plötzlich und scheinbar grundlos das Lieblingsspielzeug weggenommen hatte, wirkten Günther Beckstein und Erwin Huber bei ihrer ersten Ansprache, nachdem der schwarze Balken bei der Hochrechnung um 18 Uhr auf einmal bei 43 Prozent stehen geblieben war.

Sichtlich unter Schock stammelte Parteichef Huber eine erste Erklärung ins Mikrofon, während Beckstein neben ihm nervös mit dem Kopf wackelte. Und Franz Maget grinste zu all dem breit wie ein schadenfroher Schulbub, obwohl seine weiterhin einigermaßen stabil unbedeutende Bayern-SPD nicht im Geringsten von den massiven Verlusten der Schwarzen profitieren konnte.

Die absolute CSU-Mehrheit sei für die Menschen in Bayern natürlich das Beste, vor der Wahl sei das aber immer wieder in Misskredit gebracht worden, nuschelte Huber bei fast jedem seiner Interviews am Wahlabend weinerlich ins Mikrofon. Dabei war die monströse Zweidrittel-Mehrheit im Bayerischen Landtag aber wohl vor allem für eine nicht segensreich: die CSU selbst.

Landesbank, Transrapid, G 8, Rauchverbot - lang ist die Liste der Miseren und Skurrilitäten der letzten Legislaturperiode. Hinzu kommt, dass man sich beim Fehlen eines ernst zu nehmenden politischen Gegners auch wunderbar auf parteiinterne Grabenkämpfe konzentrieren konnte.

Vorbei ist die Zeit des selbstherrlichen Absolutismus und vorbei ist wohl auch die Zeit der christlich-sozialen Extrawürste in Berlin. Die ehemalige Staatspartei wird sich von einem Tag auf den anderen an "Fremde" am Kabinettstisch gewöhnen müssen. Diese Fremden werden voraussichtlich der FDP angehören. "In den sauren Apfel beißen" nannte das Günther Beckstein gestern.

Demokratie lernen, könnte man auch dazu sagen. Für die CSU dürfte es ein schmerzhafter Lernprozess werden: Wieviel Filz sich im Laufe von fast 50 Jahren angesammelt hat, lässt sich nur schwer erahnen - und wer weiß schon, was sonst noch alles im Keller der Staatskanzlei liegt? Man darf gespannt sein.

Kommentare