Jenufa an der Staatsoper München

Jagdszenen aus Mähren

Am Mittwoch feierte Jenufa von Leos Janacek in der Oper Premiere - München konnte stolz sein.

Das Münchner Opernpublikum likes opera at its classic - Schlachthof 5 wurde vor Jahren vor halbleeren Rängen gegeben, am 8. April 2009 gelang es, das Haus erst in letzter Minute zufüllen. Wer dort war konnte begeistert sein.

Die Staatsoper ehrte Leos Janacek schon zum dritten Mal mit seinen bekanntesten Werken. Er hatte am Anfang seines Jahrhunderts zwischen den Epochen nur scheinbar wenig Politisches mitzuteilen, mortophil zeigte er sich vorwiegend als Freund des jähen Todes: Katja Kabanova stürzte in die Wolga, 1904 und heute hier ist es der dann alles zueisende Mühlbach und selbst das schlaue Füchslein überlebte nicht lange. Die Jenufa gab es im München bisher nur konzertant mit Landsmann Kubelik.

Was die papiernen Opernführer recht einhellig als Studie über die moralgeprägten Formen der Liebe beschreiben, brachte die zürichoptierte Barbara Frey davon nur exemplarisch ausgehend und allerdings nicht gerade fernliegend auf den sozialen Nenner: In der Gesellschaft fällt man zwanghaft und noch dazu kreisförmig über sich her. Da gibt es die Küsterinnen-Kirche und das hier k u k - milde Militär, die absolute Richtertochter als vorab überlegene Konkurrentin, den dissozialen Natürlichen und noch mehr.

Dazu war schon vor Janacek der Ipsen-Effekt erfunden: Nehmt doch bitte das Schicksal nicht so ernst, gestaltet das Leben selbst, denn die alltagstauglichen Lösungen liegen nahe. So kann es denn auch zu einem allerdings recht relativen Happy-End kommen.

Das humanglobale grandiose Können in dieser Aufführung, auf die München stolz sein kann, imponierte. Anrührend und tief komponiert und ebenso gesungen und musiziert.

Vielleicht muss man Holländerin sein und schon als Sieglinde um die Welt gegangen, um dann auch die Jenufa noch dazu in tschechischer Sprache so nahe bringen zu können, Amerikanerin, um die Fäden des Spiels –wenn auch falsch gelöst- in den Händen zu halten. Die Schauspielkunst überzeugte, die Figürlichkeit schien weniger ideal.

Schauspielregisseure erscheinen jetzt endlich in der Münchner Opernregie zukunftsweisend, gälte nicht Satz 1 dieses Berichts, Macbeth und Wozzek haben es jüngst gezeigt. Frey machte es sich mit ihrem reinen Realismus leicht und lieferte gleichzeitig doch ein schlüssiges Rezept, das dem Operngeschehen den vielleicht doch zu durchsichtigen Rahmen ließ.

Neue Einfälle waren außer den im Backstage zunächst noch uhrenhaft matte Energie spendenden Windrädern nicht dabei. Die bei routinierten Zusehern gefürchtete Wohnküche der Sechziger mit roter (!) Salatschüssel war fragil auf dünnen Beinen sehr nahe ans Wasser gebaut. In der Oper sonst schon seit langem bewunderte, in der Showwelt gefundene Einfälle bei der Lichtgestaltung, mit ihrer konkurrenzlos aufwändigen Technik dramatisch umgesetzt, fehlten gänzlich.

Der Chor war anfangs recht verschränkt choreogaphiert. Dirigent Kirill Petrenko näherte sich der charakteristisch wortbezogenen Musik frostig-klar und erschauernd von der sibirischen Seite, vor allem mit den klirrenden Bläsern.

Keinerlei Buh vom Publikum mit einhelligen Bravos: Lob der Staatsoper und auch einer genialen Stadt, in der jeder Willige zum Preis einer besseren Kinokarte erleben kann, wie die ihm täglich aus einer Unterschichttalkshow entgegenspringende Tragik mit Kunst dargestellt werden kann. Man ging davon ohne bedrängende Melodie im Ohr, aber mit bedrängten Menschen im Kopf.

Kommentare

Timur am Do., 09.04.2009 - 13:07

Hallo, lieber Klaus-Jürgen, Ipsen ist falsch geschrieben. So etwas dürfte nicht passieren. IBSEN! Viele Ostergrüße!

mao am Do., 09.04.2009 - 13:35

geschwollener geht's nicht mehr? "zufüllen" ist auch kein deutsches wort.

daponte am Fr., 10.04.2009 - 06:15

Schlamperei
Bitte sauber recherchieren!!!
In München wurde "Jenufa" am 21. November 1929 erstaufgeführt. Auch in den 1970er/1980er Jahren leiteten Rafael Kubelik und Jaroslav Krombholc im Nationaltheater szenische Aufführungen in der Regie des damaligen Staatsopernintendanten Günther Rennert.
Die Kostelnica sang damals die hochdramatische Sängerdarstellerin Astrid Varnay.
Einige Ausschnitte der Produktion finden sich bei You_tube:

http://www.youtube.com/watch?v=iLMEuNvl3K8
http://www.youtube.com/watch?v=cO2BXh-OSXQ
http://www.youtube.com/watch?v=KiC7gJHLVMU
http://www.youtube.com/watch?v=-R2XWXyRo9E