Fassbinder-Schauspieler

Günther Kaufmann ist tot

Fassbinder liebte ihn unsterblich und gab ihm große Rollen. Um seine Ehefrau zu schützen, gestand er einen Mord, den er nicht begangen hatte. Nun hat das bewegte Leben von Schauspieler Günther Kaufmann ein Ende genommen. Er starb im Alter von 64 Jahren in Berlin.
Günther Kaufmann beim Filmball im Januar 2012 (Foto: muenchenblogger)
Günther Kaufmann beim Filmball im Januar 2012 (Foto: muenchenblogger)

An manchen Tagen hat man den Eindruck gehabt, Günther Kaufmann wäre ein Clown. Der Schauspieler lachte oft. Und wenn er lachte, meist zu sehen auf Society-Veranstaltungen in München, dann zog der massive Mann für die Fotografen die Winkel seines großen Mundes weit nach oben, so dass seine weißen Zähne strahlten. Diese Bilder wurden dann in den Klatschspalten gedruckt. An manchen Tagen jedoch schimmerten seinen Augen ein wenig glasig, zumindest wenn gerade keine Kamera auf ihn gerichtet war. Er wirkte dann irgendwie traurig. Als würde er gerade an einige Stationen seiner bewegten Geschichte denken.

Nun ist der Schauspieler Günther Kaufmann tot. Bei einem Spaziergang im Berliner Stadtteil Grunewald brach er am Freitag zusammen. Herzinfarkt. Ein Passant und der Notarzt versuchten vergeblich, ihn vor Ort zu reanimieren.

Am 16. Juni 1947 kam Kaufmann in München auf die Welt - als unehelicher Sohn einer Deutschen und eines afroamerikanischen Soldaten. Er wuchs im Stadtteil Hasenbergl auf, machte eine Lehre, Dienst bei der Armee und arbeitete als Zeitungswerber. Und dann landete er 1968 plötzlich in der Theatergruppe von Rainer Werner Fassbinder. Der exzentrische Regisseur verliebte sich in den Schauspieler - unsterblich.

Fassbinder gab ihm Hauptrollen, reagierte jedoch auch aggressiv, als Kaufmann seine Liebe nicht erwiderte, immer wieder führten Auseinandersetzungen zwischen dem Regisseur und dem mit einer Frau verheirateten Schauspieler zu Drehabbruch. Zeitweise gingen die beiden beruflich getrennte Wege. Kaufmann spielte in den Siebzigern in Fassbinders Werken mit, die einzigartig im deutschen Film geblieben sind: In "Götter der Pest", "Whity", "Die Ehe der Maria Braun" oder "Berlin Alexanderplatz". Neben großen Schauspielern wie Hanna Schygulla, Udo Kier oder Kurt Raab. Nach Fassbinders frühem Tod 1982 blieben für Kaufmann nur noch kleinere, weniger erfolgreiche Rollen.

1986 heiratete Günther Kaufmann ein drittes Mal: Alexandra Kaufmann. 1992 wurde bei seiner Ehefrau Krebs diagnostiziert. Um an Geld für Medizin und Behandlungen zu kommen, betrog Alexandra ihren Steuerberater um mehr als 500.000 Euro, indem sie diesem eine Gewinnbeteiligung aus einem fingierten Schadensersatz-Prozess in den USA versprach. Schließlich schöpfte der Steuerberater Verdacht, bei einem Überfall im Februar 2001 wurde er in seiner Wohnung erstickt.

Kaufmann nahm die Schuld auf sich, er log, dass er die Tat begangen habe. Er tat dies aus Liebe, wollte seine Frau schützen - und wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Er saß im Gefängnis in Tegel ein, arbeitete in der Gefängnisbücherei und übte mit der Gefangenen-Theatergruppe Stücke ein. Alexandra war mittlerweile gestorben.

Drei Jahre später schließlich wurden plötzlich die richtigen Täter von einer Mitwisserin verpfiffen, Kaufmanns Ehefrau hatte sie offenbar engagiert, mit einem von ihnen hatte sie ein Verhältnis. Der Schauspieler widerrief sein Geständnis, das Verfahren wurde wieder aufgenommen und Kaufmann freigesprochen. 2006 wurde er dann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt - wegen Falschaussagen und weil er zwei Unschuldige belastet hatte.

Nach seiner Haftentlassung interessierten sich die Medien plötzlich wieder für Kaufmann. Mit Gabriele Droste schrieb er seine Biographie "Der weiße Neger vom Hasenbergl". Auf Münchens Roten Teppichen war er ein viel beachtetes Motiv. Er spielte 2009 den Bösewicht "Der schreckliche Sven" in "Wickie und die starken Männer" und zog ins Dschungelcamp ein. Doch die ganz großen Rollen blieben weiter aus. Zuletzt wirkte er in den gelungenen Verfilmung der ARD-Serie "Türkisch für Anfänger" mit.

Als Kaufmann in Haft war und seine Frau starb, wurde ihm verboten, zu ihrer Beerdigung zu fahren. Er ließ eine Anzeige in der Zeitung drucken, in der stand: "Wenn die letzten Schatten fallen, dann gib mir deine Hand, damit ich den letzten Weg getröstet gehen kann." Kaufmann hinterlässt eine 41-jährige Tochter und einen 40-jährigen Sohn.

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